Dritter Sohn des Formschneiders Moses F. und der Johannette-Schenche, Lateinschule in Offenbach und Unterricht beim Rb., Frühj. 1828 Maturitätsprüfung, 28. Juni 1828 imm. Gießen (phil.), 19. Okt. 1831 prom. Gießen, Bewerber in Hanau und Wiesbaden (beide 1832)
wiewohl am 22. Sept. 1832 von der nassauischen Regierung zum Rb. der Hauptstadt bestimmt, wird er am 1. Okt. 1832 Prediger und Religionslehrer in Offenbach mit 500 fl. Gehalt, feiert seit 1833 Konfirmationen, 1835 Mitglied in Geigers „Verein jüd. Gelehrter“, Rabbinatsprüfung bei Prälat Dr. Köhler in Darmstadt, von Rb. Feibesch Frankfurter in Friedberg am 25. Juli 1836 getraut mit Henriette Homberger (1809-1871). April 1842 großherzogl. Rb. in Offenbach und dessen Sprengel mit 1.000 fl. Gehalt. Liberal, Teiln. der 1.-3. Rb.-Versammlung sowie der Kasseler Rb.-Versammlung von 1868, doch eher mit theologischen als halachischen Themen beschäftigt. 1882 Ritterkreuz 1. Klasse und Orden Philipps des Großmütigen. Ehrenbürger der Stadt Offenbach.
Dokumente
HStAWiesbaden, 365/727, Isr. Familienbuch Offenbach, Nr. 48
Ebd., 365/675, S. 8, Geburtsakte vom 26. Juli 1808: „Moses Formschneider [!] mit seine Frau Schenche gegen Abend ein Söhnchen namens Salomon“. In der Lit. wird sonst der 28. Juli als Geburtstag angegeben
CJA Berlin 75 A Of 1 Nr. 13 und 20
Sal. Lud. Steinheim über seine Kontroverse mit F., am 7. Juli 1843 an Zunz: „Der eifrige Rabbiner will nun einmal seinen Rationalismus durchsetzen [...] Mein Glück, daß Herr Formstecher ein Rabbiner und kein Prälat oder Dr. theologiae Oberkonsistorialrat oder sonst so was ist“; Briefe, Hildesheim 1996, S. 160.
Publikationen
Zwölf Predigten gehalten in dem isr. Gotteshause zu Offenbach, Würzburg 1833
Israel’s Klage und Israel’s Trost. Zwei Predigten, Offenbach 1835
Israelitisches Andachtsbüchlein zur Erweckung und Ausbildung der ersten religiösen Gefühle und Begriffe. Ein Geschenk für gute Kinder, Offenbach 1836
„Beitrag zur Entwicklungsgeschichte des Begriffs von der Unsterblichkeit der Seele im Judenthume“, WZJT 4, 1839, S. 231-249
„Gemeindeverhältnisse“, AZJ 1838, S. 235f
„Beiträge zur Entwickelungsgeschichte der Angelo- und Dämonologie im Judenthume“, IA 1839, S. 361f, 377f, 403f, 411-413
„Über das Wesen und den Fortgang der isr. Gottesverehrung. Predigt“, Die Synagoge 2 (1839), S. 87-107
Die Religion des Geistes, eine wissenschaftliche Darstellung des Judenthums nach seinem Charakter, Entwicklungsgange und Berufe in der Menschheit, Frankfurt/M. 1841 [GJ Köln, Bm-For, Wandschrank]; Rezension IA 1841, S. 343f, 416
Mitarbeiter der Zschr. Der Orient (1841-50) und gemeinsam mit Leopold Stein Herausgeber von Der Freitagabend (1859), darin publizierte er die Erzählung „Bilder aus dem häuslichen Leben“ (S. 7ff), die Parabel „Die Glücksleiter“ (S. 174), und die Aufsätze „Meyer Amschel Rothschild“ (S. 339ff), „Zur Weltweisheit der alten Rabbinen“ (S. 68-70, 89-94), „Briefe über häusliche Erziehung“ (S. 120ff), „Der Pesachgruß des Propheten Elijah“ (S. 237), u. a
„Was ist Sünde? Predigt am Versöhnungstag“, IVL 1852, S. 194ff
Hrsg. mit Leopold Stein Israelitische Wochenschrift, 1861
Mosaische Religionslehre, für die isr. Religionsschule dargestellt, Gießen 1860, 107 S
„Moses Mendelssohn, ein Philosoph auf dem Gebiethe des Judenthums“, Gedenkblätter an Moses Mendelssohn, Leipzig 1863, S. 5-21
Buchenstein und Cohnberg. Ein Familiengemälde aus der Gegenwart, Roman, Fft./M. 1863.
Literatur
Divre Šalom wa’ämäth, Worte des Friedens und der Wahrheit. Ansprache des isr. Gemeindevorstandes zu Offenbach am Main, Offenbach 1843, S. 14ff
Kayserling, Jüdische Kanzelredner II 137-152
Lippe 1879/81, S. 106f
Festbericht über das Fünfzigjährige Dienstjubiläum des Großherzoglichen Rabbiners Herrn Dr. S. F., Offenbach 1882, 42 S
Nachrufe in AZJ 1889, S. 297; PWMbl. vom 1. Juni 1889, S. 134
Kayserling, Gedenkblätter, S. 19
Kayserling, „Jüdische Literatur“, S. 804, 827, 836f, 889f
JE V 436
Adolf Kohut, „Ein deutscher Reform-Rabbiner“, AZJ 1908, S. 389ff, 401ff
ADB XLVIII 652
Ignaz Maybaum, „S. F. Ein Beitrag zur Geschichte der jüdischen Religionsphilosophie“, MGWJ 1927, S. 88ff
JL 703
EJ dt. 1439f
Wiener, S. 58, 99, 120-132, 160
Guttmann, Ha-filosofyah šäl ha-yehaduth, S. 277-282
Hans-Joachim Schoeps, Geschichte der jüdischen Religionsphilosophie in der Neuzeit, Berlin 1935, Bd. I, S. 65-92
Bernard Bamberger, „F.’s History of Judaism“, HUCA 23,2 (1950/51)
Arnsberg, Hessen, Bd. I, S. 116, 326, 366; Bd. II, S. 163f, 167, 173, 248; Bd. III (Bilder-Dokumente), S. 172 mit Bildnis
Gershon Greenberg, „Zur Verteidigung Formstechers: Die Kontroverse zwischen [Samuel] Hirsch und Formstecher im Jahre 1842“, Judaica 29 (1973), S. 24-35
Schorsch, „Rabbinate“, S. 245
Lowenstein, „The 1840s“, S. 276
Meyer, Response to Modernity, S. 68, 70 („Formstecher remained eclectic in his approach, more determined to be a vindicator of Judaism against idealistic philosophy than a Jewish philosophical idealist“), 73f, 136, 201, 245
Bettina Kratz-Ritter, S. F. Ein deutscher Reformrabbiner, Hildesheim 1991
DBE III 374
Brämer, Rabbiner und Vorstand, S. 136-138, 142, 158f, 168f, 200-202
Heuer (Hrsg.), Lexikon, VII 187ff
Hans-Michael Haussig, „’Heidentum’ und ’Judentum’ in der jüdischen Religionsphilosophie des 19. Jahrhunderts: Zu Steinheims ’Offenbarung nach dem Lehrbegriffe der Synagoge’ und Formstechers ’Religion des Geistes’„, in: Manfred Voigts (Hrsg.), Von Enoch bis Kafka: Festschrift für Karl E. Grözinger, Wiesbaden 2002, S. 43-53